Die Sperrzeit beim Arbeitslosengeld (ALG) ist eine bestimmte Zeitspanne, in der Arbeitslose keinen Anspruch auf ALG-Leistungen haben. Die Sperrzeit tritt in der Regel in bestimmten Fällen auf, in denen der Arbeitslose die Kündigung selbst verschuldet hat oder eine Arbeitnehmerpflichtverletzung begangen hat (zum Beispiel Eigenkündigung, Arbeitsvertragsverletzungen, Arbeitsaufgabe ohne wichtigen Grund). Erfahren Sie hier, welche Handlungsspielräume durch die neue Geschäftsanweisung der Agentur für Arbeit bestehen und was das für Arbeitnehmer und -geber bedeutet.

Dauer der Sperrzeit variiert je nach den Umständen und kann zwischen 12 Wochen und   24 Wochen betragen. Während der Sperrzeit erhalten Sie keine Arbeitslosengeldleistungen. Die Sperrzeit dient dem Zweck, Arbeitnehmer vor leichtfertigen Entscheidungen zu schützen. Es lohnt sich, nachzulesen, unter welchen Umständen die Sperrzeit umgangen werden kann.

Wer darf entscheiden?

Ob Arbeitnehmer eine Sperrzeit erhalten oder ob sie nach Beendigung eines Arbeitsverhältnisses Anspruch auf Arbeitslosengeld haben, entscheidet die Agentur für Arbeit. Dadurch, dass eine solche Entscheidung jedoch nicht von der subjektiven Annahme eines jeweiligen Sachbearbeiters abhängen darf, wurde von der Bundesagentur für Arbeit eine Vereinheitlichung der Entscheidungsgrundlage aufgrund einer Geschäftsanweisung formuliert. Diese ist jedoch nur für Sachbearbeiter der Agentur für Arbeit bindend, nicht für Gerichte.

Bisherige Geschäftsanweisung (gültig bis 24.01.2017)

Die bisherige Geschäftsanweisung der Bundesagentur für Arbeit bezüglich Sperrzeiten bei Aufhebungsverträgen wirkte wie ein komplexes Puzzlespiel. Grundsätzlich war die Botschaft klar: Vermeide Aufhebungsverträge und Eigenkündigungen ohne „wichtigen Grund“, um Sperrzeiten zu entgehen. Stattdessen sollte man geduldig auf die arbeitgeberseitige Kündigung warten.
Doch es gab Schlupflöcher: Keine Sperrzeit drohte, wenn man durch den Aufhebungsvertrag eine Abfindung bekam, die es sonst nicht gegeben hätte. Die Sperrzeitfreiheit erforderte eine sozial gerechtfertigte betriebsbedingte Kündigung, die Einhaltung der Kündigungsfrist, die Abfindung von mindestens 0,25 bis maximal 0,5 Bruttomonatsgehältern pro Beschäftigungsjahr und die Nicht-Unkündbarkeit. Personenbedingte Gründe rechtfertigten die Beschäftigungsbeendigung ohne Sperrzeit nur mit ärztlichem Attest und verhaltensbedingte Gründe konnten eine Sperrzeit laut dieser Geschäftsanweisung nur im Rahmen eines gerichtlichen Vergleichs umgehen. Die Quintessenz: Einvernehmliche Beendigungen aufgrund von betrieblichen Gründen wurden von Arbeitnehmern bevorzugt.

Geschäftsanweisung ab dem 25.01.2017

Die neue Geschäftsanweisung der Bundesagentur für Arbeit hat das Spiel der Sperrzeiten bei Aufhebungsverträgen aufgemischt. Die gute Nachricht: Die frühere Untergrenze von 0,25 Bruttomonatsgehältern pro Beschäftigungsjahr ist Vergangenheit, und nicht nur betriebsbedingte, sondern auch personenbedingte Gründe können die Sperrzeit nun umgehen. Das bedeutet, dass keine Sperrzeiten dann verhängt werden, wenn die arbeitgeberseitige Kündigung (betriebs- oder personenbedingt) droht, die Kündigungsfrist eingehalten wird, der Arbeitnehmer unkündbar ist und eine Abfindung von maximal 0,5 Bruttomonatsgehältern pro Beschäftigungsjahr gezahlt werden. Diese Neuerung bringt besonders nicht anwaltlich vertretenen Arbeitnehmern Vorteile, die aus personenbedingten Gründen das Unternehmen verlassen. Doch Vorsicht: Einvernehmliche Kündigungen ohne Sperrzeit sind nicht mehr möglich, und auf Kündigungsklagen zu verzichten, kann ebenfalls zur Sperrzeit führen. Einzige Ausnahme: die Hinnahme einer rechtswidrigen Kündigung.

Gestaltungsspielräume durch neue Geschäftsanweisung

Was bedeutet die neue Geschäftsanweisung nun konkret für Arbeitnehmer und -geber? Die aktualisierte Dienstanweisung eröffnet Arbeitnehmern und Arbeitgebern neue Möglichkeiten, Aufhebungsverträge ohne Sperrzeiten zu gestalten. Eine wesentliche Veränderung ist die Ausweitung der Gründe für einvernehmliche Beendigungen, die nun auch persönliche Ursachen umfassen. Eine ärztliche Bescheinigung zur negativen Zukunftsprognose aufgrund von Krankheit ist nicht mehr erforderlich, wenn die Kriterien der Geschäftsanweisung erfüllt sind. Diese umfassen insbesondere die Zahlung einer Abfindung von maximal 0,5 Bruttomonatsgehältern pro Beschäftigungsjahr. Arbeitnehmer sollten jedoch bedenken, dass das Risiko einer Sperrzeit in erster Linie sie betrifft, wenn die Voraussetzungen für eine sperrzeitfreie Vereinbarung nicht erfüllt sind. Arbeitgeber sollten ihrer Fürsorgepflicht nachkommen und Arbeitnehmer auf mögliche Risiken hinweisen oder auf Anfrage vollständige Informationen bereitstellen.
Die neue Geschäftsanweisung eröffnet Gestaltungsspielräume, erfordert jedoch eine gründliche Prüfung der Situation von beiden Seiten, um die besten Entscheidungen zu treffen. Grundsätzlich empfehlen wir Ihnen somit, Passagen in den Aufhebungsvertrag mitaufzunehmen, die auf verbindliche Auskünfte der Bundesagentur für Arbeit oder des Finanzamtes verweisen. Gerne bieten wir Ihnen hierfür unsere Unterstützung an.